Jesus Christus spricht: Das Reich Gottes ist mitten unter euch.
Lukasevangelium Kapitel 17, Vers 21

 

„Hast Du noch leere Marmeladengläser, die Du nicht geben kannst?“ fragt sie ihre Nachbarin. So viele Früchte, so viel Obst die in diesem Jahr in ihrem Garten gewachsen sind. Kirschen, Pflaumen, Johannisbeeren und Pfirsiche, Äpfel und Birnen. Die Äste und Büsche haben sich unter der Last bis auf die Erde gebogen. Jetzt soll alles verwertet werden. Haltbar gemacht für den Winter, für die Kinder und Enkel. Für ….
Aber ihr die fehlen Gläser. Etliche stehen schon gefüllt im Regal im Keller. Aber es sind doch noch jede Menge Früchte da. „Nein, es tut mir leid“, antwortet die Gefragte. „Ich brauche selbst alles, was ich an Gläsern habe.“ Alles Fragen hilft ihr nicht weiter. Einweckgläser sind knapp. Selbst im Supermarkt ist nichts mehr zu bekommen.
Der Sommer neigt sich jetzt unwiderruflich seinem Ende entgegen. Es wird schon immer früher am Abend dunkel. Wer mag hat die Heizung wieder angestellt und freut sich über eine warme Stube. Das Laub beginnt sich zu färben. Und was zu ernten ist, wurde und wird eingebracht. Der Sommer mit seinem Licht, der Wärme, freien Tagen und Reisen liegt zurück. Auch wenn nicht alles so war, wie es hätte sein können. Es gibt Grund zufrieden zu sein. Es gibt Anlass sich an Schönes zu erinnern. Es gibt Gelegenheit danke zu sagen.

Im Bibelspruch für den Monat Oktober werden ich an so eine Lebenseinstellung erinnert. Ringsum Jesus herum erzählen sich die Menschen, wie man so erzählt. Dies und das, wer mit wem, was passiert ist. Von der großen Ungerechtigkeit in der Welt und vom Leid im eignen Leben, Sie werden sich beschwert haben und waren unzufrieden.
Jesus fragt sie: „ Was wollt ihr? Ist wirklich alles schlecht?“ Er weiß wohl, wo der Schuh drückt und welches Leid es auszuhalten gilt. Ohne Zweifel. Er spricht dann zu ihnen: „Gottes Reich, Gottes neue Welt ist da. Hier. Mitten unter euch!“ Da werden sie ihn  angeschaut haben und vielleicht wurden einer nach der anderen, einem nach dem anderen klar: Mit Jesus ist Gott, Gottes Reich, seine neue Welt schon da. Mitten im Leben begegnet uns Gott.
Und jetzt wir. Zweitausend Jahre später. Hier in der Altmark. Inmitten all der vielen Äpfel und des Kompotts. Wo ist Gott? Wo beginnt seine neue Welt? Wo ist sein Reich zu sehen? Wo kann ich, können wir das in allem Ernten und Verarbeiten, im Pflücken und Einkochen entdecken? Meine Antwort: Mit meiner Grundeinstellung im Leben. Das ich dankbar bin. Hier und jetzt. Für das, was mir geschenkt wurde. Was ich geschaffen habe.
Und: Das ich vertrauen will auf Jesus Christus.
Am nächsten Tag klingelt sie an der Tür der Nachbarin. „Weißt Du was?“, fragt sich und schmunzelt etwas dabei. „Neue Gläser, das wird schwierig, glaube ich“, fängt sie an.
Sie schaut dabei auf ein frisches Einkochglas in ihrer Hand. „Wenn wir jetzt eines auslöffeln, habe ich morgen Platz für Nachschub.“

 
 
 
 

Taschenstern und Kamelgeschwindigkeit - Predigt zum Auftakt
Von Bettina Schlauraff, Regionalbischöfin in Magdeburg
gehalten am 6. Januar 2025 in Gardelegen

Wo geht’s denn eigentlich hin mit uns?

Wo geht’s denn hin mit uns … als Gesellschaft?

Wo geht’s da gerade hin?

Und mit unserer kleinen Gemeinde?

Mit unserer Kirche hier im Ort, in unseren Orten?

Wo geht’s da hin?

Mit unseren kleiner werdenden Gemeinden mit den noch verbliebenen Christen?

Welchem Stern laufen wie hinterher?

Wo wäre Stabilität zu finden,

wo der richtige Stern,

der, obgleich die Welt gerade wie blöde herumspringt, mich gelassen sein ließe, ohne Angst.



Ich stell mir vor, das ginge zu annoncieren.

Eine riesen Annonce. Großdruck, eine ganze Seite.

Hier in der Volksstimme:

„3 Weise Menschen gesucht, die den Weg kennen“

bitte melden Sie sich im Pfarrbüro, beim Bürgermeister, beim Landrat, beim Gemeindekirchenrat.
Schön wärs. Aber so wird es nicht sein.

Du wirst Dich, Ihr werdet Euch selbst auf den Weg machen müssen. In Gemeinden und Orten. In unserer Gesellschaft und in unseren Kirchen. In Deinen Beziehungen und in Deiner Familie. Du wirst Dich, Ihr werdet Euch selbst auf den Weg machen.



Der alten Geschichte von den drei weisen Männern,

seien sie Gelehrte oder Könige, die einfach loszogen wegen… einem Stern … und lange unterwegs waren und beim falschen König ankamen und am Ende die Antwort fanden… dieser Geschichte können wir da eine Mengen abgucken.



Und das fängt ganz am Anfang an:

Nicht warten, dass sich etwas bewegt, sondern sich selbst bewegen. Sich bewegen von da, wo man eventuell schon länger feste steht. Sich aufmachen. Etwas wollen. Von selbst. Nicht weil es jemand sagt.
Damit rechnen, dass es ungemütlich wird. Länger dauert. Geduld haben. Langen Atem. Kamelgeschwindigkeit. Eines trottenden Kamels manchma
Damit rechnen, dass Ziel nicht direkt neben dem Alten und Bekannten liegt. Sondern ganz woanders. Die drei hatten eine weite Reise. Ich weiß nicht, ob sie damit gerechnet hatten.
Und: nicht alleine losmachen, sondern Verbündete suchen für eine Sache. Welche die genauso und genügend verrückt sind, einer Sache nachzugehen.
Und: mit allem rechnen. Vor allem mit Unvertrautem. Keine Angst davor zu haben. Und vielleicht noch nichtmal einen Plan, weil es noch nie jemand so gemacht hat. Noch nie jemand in dieser Situation war. Jeder Rat von oben und außen vielleicht gar nicht passen würde. So wie jetzt war die Welt und war unser Kirche noch nie.
Außerdem: Man müsste damit rechnen, auch mal komplett am falschen Ort anzukommen, weil so ein Palast natürlich erstmal attraktiv ist und offensichtlich. Das sieht gut aus, draufzu!! Das haben die Drei gelernt: damit zu rechnen, dass das Ergebnis der eigenen Suche nach Lösungen am Ende weniger attraktiv sein könnte und kaum offensichtlich - so wie ein Stall. Aber doch die Rettung.
Wir könnten von der Geschichte lernen, damit zu rechnen, am falschen Ziel zu landen und uns neu motivieren zu müssen, völlig neu justieren. Das macht auch mal Frust. Wir sollten schauen - wohin mit diesem Frust, damit er uns nicht auffrisst.
Wir können lernen: an die eigenen Grenzen zu geraten und nicht mit Angst und Aggression zu reagieren, sondern interessiert. Realistisch. Nachfragend. Hier also geht es nicht weiter. Gut, dass ich das weiß, lass mal schauen, wo es dann weiter geht. Dann renne ich hier mal nicht vergeblich weiter. Vielleicht brauche ich auch mal eine Verschnaufpause. Vielleicht Entlastung.
Wir lernen von den Dreien: sich helfen zu lassen von anderen Weisen. Zuzugeben, dass andere Rechter haben können als ich. Ihre schräge Idee für möglich halten. Erstmal probieren vor dem Ablehnen. So wie im Palast die Schriftgelehrten nochmal für die drei Weisen nachlasen. Sich selbst plötzlich erinnerten an das Eigene. An die eigene Verheißungen. Unfassbar, was diese Reise der Drei um sie herum ausgelöst haben mag und in den anderen, sie haben eine Spur gezogen, die sie vielleicht nichtmal ahnten. Andere, die ermutigt wurde, weil sie mutig und unerschütterlich waren.
Und sie sind nicht müde geworden im Hoffen. So sehr waren sie sich sicher, dass das, wo ihr Herz für brannte, existierte und zu finden sei. Dass der Weg sich lohne, auch der Umweg, auch der Irrtum, auch die Ratlosigkeit, auch das Neuanfangenmüssen.
Sie lernten selbst, dass man andere nach der Verheißung fragen kann und sie sich sagen lassen kann. Das man gute Verheißungen teilen kann, dass die alten Worte der Schrift plötzlich in einer Lebenssituation den richtigen Weg weisen. Dass Gott wirklich leitet.


Auf die Frage: Wo geht es hin mit dieser Welt?

Wo geht es hin mit unserer geliebten kleinen Kirche? Wo gehts es hin in diesen wilden Zeiten? Darauf hat die Bibel keine Antworten und ich auch nicht.

Das geht auch gar nicht. Denn das Leben hat manchmal verrückte Wendungen, die kannst Du Dir gar nicht ausdenken.



Was die Bibel aber weiß ist: Das dass nicht der Punkt ist. Noah im Bauch des Walfisches, Maria mit einem unehelichen Kind im Bauch, sie hatten keinen großen Plan, was kommt. Sie hatten aber diesen Stern. Sie hatten diese Verheißung. Sie hatten Vertrauen. Sie hatten einfach Gott. Sie glaubten fest daran.



Und dieser Spur sind sie gefolgt. Dort fanden sie Antworten: woher ihre Kraft käme, wo ihre Nächsten seien, wie die Liebe zu leben sei. Das fanden sie dort. Sogar Menschen, die nur ahnten, dass es Gott geben könnte und die ihn erst entdeckten, haben diese Kraft gespürt. Unsere Vorfahren haben diese Kraft gespürt. Sie ist so etwas wie eine Art Taschenstern. Dein Glaube ist ein Taschenstern. Der Dich erinnert dass Gott Dich erlöst und trägt. Der Euch erinnert, dass Ihr Eure Gemeinschaft und Euer Gebet braucht.

Vielleicht jetzt wie nie zuvor.

Und mit dem in der Tasche können wir schauen: uns anfangen zu bewegen, Zeit einplanen, mit andere zusammen tun, nicht alleine dastehen, uns nicht scheuen lassen von falschen Versuchen und noch nie Dagewesenem, uns helfen lassen, uns Atempausen genehmigen, und das Licht der Hoffnung nicht ausgehen lassen, es einander wieder anzünden. Glauben, dass es sich lohnt. Das alles ist eine Kraft, die ist neben aller Logik und allen Fakten da, wir haben sie zusätzlich, damit kann man anfangen. Das lasst uns heute mitnehmen und dann auf die Kamele steigen. Amen.



Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe.