Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten zu deiner Wohnung.
Psalm 43, Vers 3
Liebe Leserinnen und Leser !
Was wäre die Adventszeit ohne Licht? Wahrscheinlich eine sehr dunkle und düstere Zeit des Wartens. Was wäre der Heilige Abend ohne das Strahlen der Kerzen am Christbaum? Eine lästige Pflichterfüllung. Was wäre das Wunder der Weihnacht ohne das Leuchten der Kinderaugen? Eine leere Hülle. Zur Adventszeit gehört der Zauber des Lichtes.
Es ist schon phänomenal, wie eine einzige Kerze eine wohlige Stimmung verbreitet. Ein kleines Licht kann einen ganzen Raum erleuchten. Mit der Gruppe der Vorkonfirmandinnen und Vorkonfirmanden verbringen wir am Beginn der Konfizeit einen Abend und eine Nacht in der Marienkirche Gardelegen. Nach dem Einbruch der Dunkelheit betreten die Jugendlichen einzeln und nacheinander das Kirchenschiff. Dabei brennt nur die Osterkerze.
Die Augen gewöhnen sich langsam an die Lichtverhältnisse. Was zunächst in Finsternis gehüllt war, wird nach und nach sichtbar. Das ist an sich schon ein kleines Wunder. Ein einziges Licht erhellt den großen Raum. Wir halten als nächstes eine Andacht. Jede und jeder der Jugendlichen bekommt dabei eine Kerze. Dieses Licht soll für eine bestimmte Person entzündet werden, für die ein Licht leuchten soll. Nun ist es im Raum heller geworden. Ein weiteres Wunder. Es wird erlebbar: Denken wir an andere Menschen wird es auch für uns selbst heller. Nachdem das geschehen ist wird das Licht weiter in der Kirche verteilt. Teelichter werden angebrannt und erleuchten Schritt für Schritt den gesamten Innenraum. Es strahlt und glänzt: die Augen und Gesichtern der Jugendlichen und auch die Kirche. Ein Lichtermeer leuchtet. Im Laufe des Abends und der Nacht erlöschen nun mit der Zeit die Kerzen. Die Dunkelheit erobert sich das Gebäude zurück. Zum Glück leuchtet dann die Sonne des anbrechenden Morgens in den Chorraum.
Der Bibelspruch aus dem 43. Psalm ist eine Bitte. Die Beterin, der Beter richtet sich an Gott. Mit einer Bitte um Orientierung, um Hilfe. „Gott, ich möchte zu Dir finden!“, heißt der Wunsch. „Deine Wohnung, deine Nähe will ich erleben. Hilf mir auf diesem Weg.“
Die adventlichen Kerzen - und natürlich auch der Adventsstern - leuchten und begleiten uns durch die Tage und Wochen bis zum Christfest. Gott zeigt uns den Weg, er führt uns in seine Wohnung. In diesem Fall nach Bethlehem. Im Stall, im Trog, im Christuskind finden wir die Wahrheit. Das Leben. Hoffnung und das Licht der Welt.
Eine erfüllte Adventszeit und ein gesegnetes Christfest wünsche ich Ihnen.
Bleiben Sie behütet und stabil Ihr Tobias Krüger.
Taschenstern und Kamelgeschwindigkeit - Predigt zum Auftakt
Von Bettina Schlauraff, Regionalbischöfin in Magdeburg
gehalten am 6. Januar 2025 in Gardelegen
Wo geht’s denn eigentlich hin mit uns?
Wo geht’s denn hin mit uns … als Gesellschaft?
Wo geht’s da gerade hin?
Und mit unserer kleinen Gemeinde?
Mit unserer Kirche hier im Ort, in unseren Orten?
Wo geht’s da hin?
Mit unseren kleiner werdenden Gemeinden mit den noch verbliebenen Christen?
Welchem Stern laufen wie hinterher?
Wo wäre Stabilität zu finden,
wo der richtige Stern,
der, obgleich die Welt gerade wie blöde herumspringt, mich gelassen sein ließe, ohne Angst.
Ich stell mir vor, das ginge zu annoncieren.
Eine riesen Annonce. Großdruck, eine ganze Seite.
Hier in der Volksstimme:
„3 Weise Menschen gesucht, die den Weg kennen“
bitte melden Sie sich im Pfarrbüro, beim Bürgermeister, beim Landrat, beim Gemeindekirchenrat.
Schön wärs. Aber so wird es nicht sein.
Du wirst Dich, Ihr werdet Euch selbst auf den Weg machen müssen. In Gemeinden und Orten. In unserer Gesellschaft und in unseren Kirchen. In Deinen Beziehungen und in Deiner Familie. Du wirst Dich, Ihr werdet Euch selbst auf den Weg machen.
Der alten Geschichte von den drei weisen Männern,
seien sie Gelehrte oder Könige, die einfach loszogen wegen… einem Stern … und lange unterwegs waren und beim falschen König ankamen und am Ende die Antwort fanden… dieser Geschichte können wir da eine Mengen abgucken.
Und das fängt ganz am Anfang an:
Nicht warten, dass sich etwas bewegt, sondern sich selbst bewegen. Sich bewegen von da, wo man eventuell schon länger feste steht. Sich aufmachen. Etwas wollen. Von selbst. Nicht weil es jemand sagt.
Damit rechnen, dass es ungemütlich wird. Länger dauert. Geduld haben. Langen Atem. Kamelgeschwindigkeit. Eines trottenden Kamels manchma
Damit rechnen, dass Ziel nicht direkt neben dem Alten und Bekannten liegt. Sondern ganz woanders. Die drei hatten eine weite Reise. Ich weiß nicht, ob sie damit gerechnet hatten.
Und: nicht alleine losmachen, sondern Verbündete suchen für eine Sache. Welche die genauso und genügend verrückt sind, einer Sache nachzugehen.
Und: mit allem rechnen. Vor allem mit Unvertrautem. Keine Angst davor zu haben. Und vielleicht noch nichtmal einen Plan, weil es noch nie jemand so gemacht hat. Noch nie jemand in dieser Situation war. Jeder Rat von oben und außen vielleicht gar nicht passen würde. So wie jetzt war die Welt und war unser Kirche noch nie.
Außerdem: Man müsste damit rechnen, auch mal komplett am falschen Ort anzukommen, weil so ein Palast natürlich erstmal attraktiv ist und offensichtlich. Das sieht gut aus, draufzu!! Das haben die Drei gelernt: damit zu rechnen, dass das Ergebnis der eigenen Suche nach Lösungen am Ende weniger attraktiv sein könnte und kaum offensichtlich - so wie ein Stall. Aber doch die Rettung.
Wir könnten von der Geschichte lernen, damit zu rechnen, am falschen Ziel zu landen und uns neu motivieren zu müssen, völlig neu justieren. Das macht auch mal Frust. Wir sollten schauen - wohin mit diesem Frust, damit er uns nicht auffrisst.
Wir können lernen: an die eigenen Grenzen zu geraten und nicht mit Angst und Aggression zu reagieren, sondern interessiert. Realistisch. Nachfragend. Hier also geht es nicht weiter. Gut, dass ich das weiß, lass mal schauen, wo es dann weiter geht. Dann renne ich hier mal nicht vergeblich weiter. Vielleicht brauche ich auch mal eine Verschnaufpause. Vielleicht Entlastung.
Wir lernen von den Dreien: sich helfen zu lassen von anderen Weisen. Zuzugeben, dass andere Rechter haben können als ich. Ihre schräge Idee für möglich halten. Erstmal probieren vor dem Ablehnen. So wie im Palast die Schriftgelehrten nochmal für die drei Weisen nachlasen. Sich selbst plötzlich erinnerten an das Eigene. An die eigene Verheißungen. Unfassbar, was diese Reise der Drei um sie herum ausgelöst haben mag und in den anderen, sie haben eine Spur gezogen, die sie vielleicht nichtmal ahnten. Andere, die ermutigt wurde, weil sie mutig und unerschütterlich waren.
Und sie sind nicht müde geworden im Hoffen. So sehr waren sie sich sicher, dass das, wo ihr Herz für brannte, existierte und zu finden sei. Dass der Weg sich lohne, auch der Umweg, auch der Irrtum, auch die Ratlosigkeit, auch das Neuanfangenmüssen.
Sie lernten selbst, dass man andere nach der Verheißung fragen kann und sie sich sagen lassen kann. Das man gute Verheißungen teilen kann, dass die alten Worte der Schrift plötzlich in einer Lebenssituation den richtigen Weg weisen. Dass Gott wirklich leitet.
Auf die Frage: Wo geht es hin mit dieser Welt?
Wo geht es hin mit unserer geliebten kleinen Kirche? Wo gehts es hin in diesen wilden Zeiten? Darauf hat die Bibel keine Antworten und ich auch nicht.
Das geht auch gar nicht. Denn das Leben hat manchmal verrückte Wendungen, die kannst Du Dir gar nicht ausdenken.
Was die Bibel aber weiß ist: Das dass nicht der Punkt ist. Noah im Bauch des Walfisches, Maria mit einem unehelichen Kind im Bauch, sie hatten keinen großen Plan, was kommt. Sie hatten aber diesen Stern. Sie hatten diese Verheißung. Sie hatten Vertrauen. Sie hatten einfach Gott. Sie glaubten fest daran.
Und dieser Spur sind sie gefolgt. Dort fanden sie Antworten: woher ihre Kraft käme, wo ihre Nächsten seien, wie die Liebe zu leben sei. Das fanden sie dort. Sogar Menschen, die nur ahnten, dass es Gott geben könnte und die ihn erst entdeckten, haben diese Kraft gespürt. Unsere Vorfahren haben diese Kraft gespürt. Sie ist so etwas wie eine Art Taschenstern. Dein Glaube ist ein Taschenstern. Der Dich erinnert dass Gott Dich erlöst und trägt. Der Euch erinnert, dass Ihr Eure Gemeinschaft und Euer Gebet braucht.
Vielleicht jetzt wie nie zuvor.
Und mit dem in der Tasche können wir schauen: uns anfangen zu bewegen, Zeit einplanen, mit andere zusammen tun, nicht alleine dastehen, uns nicht scheuen lassen von falschen Versuchen und noch nie Dagewesenem, uns helfen lassen, uns Atempausen genehmigen, und das Licht der Hoffnung nicht ausgehen lassen, es einander wieder anzünden. Glauben, dass es sich lohnt. Das alles ist eine Kraft, die ist neben aller Logik und allen Fakten da, wir haben sie zusätzlich, damit kann man anfangen. Das lasst uns heute mitnehmen und dann auf die Kamele steigen. Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe.


